Hier erläutern wir Ihnen das Vermächtnisrecht im deutschen Erbrecht gem. §§ 1939, 2147 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und bringen Ihnen den Unterschied zwischen einer Erbeinsetzung, also der der Einsetzung eines oder mehreren Erben und der Anordnung von einem Vermächtnis oder mehreren Vermächtnissen in einer letztwilligen Verfügung nahe.
Ferner gehen wir auf die Wahlrecht von Pflichtteilsberechtigten in Bezug auf ihnen zugewendete Vermächtnisse ein und machen wir den Unterschied zwischen einer Teilungsanordnung im Gegensatz zu einem Vorausvermächtnis deutlich.
Im Übrigen verdeutlichen wir die verschiedenen Arten von Vermächtnissen, insbesondere das Verschaffungsvermächtnis und gehen auf das Vermächtniskürzungsrecht sowie die zu beachtende Verjährung von Vermächtnisansprüchen ein.
Inhalt zu den Infos
1. Abgrenzung einer Erbeinsetzung von einem Vermächtnis und Auslegung
2. Die wichtigsten Arten von Vermächtnissen
3. Unterschied zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis
4. Ausschlagung von Vermächtnissen und Wahlrechte von Pflichtteilsberechtigten
Vielfach findet sich in Testamenten von mit erbrechtlichen Regelungen nicht vertrauten oder rechtsunkundigen Erblassern die Formulierung:
"Mein Testament
Ich vermache meinen gesamten Nachlass dem /der ... (namentlich genannten Person).
… (Unterschrift)"
Derartigen Erblassern ist bei der Errichtung ihrer letztwilligen Verfügung augenscheinlich der das deutsche Erbrecht beherrschende und wichtige Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge
(Universalsukzession) gem. § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht bekannt gewesen. Nach diesem wesentlichen Prinzip geht mit dem durch den Tod der Person des Erblassers eintretenden Erbfall,
dessen gesamtes Vermögen als Erbschaft auf eine oder mehrere zu Erben berufene Personen über. Demgegenüber kennzeichnet ein Vermächtnis gem. § 1939 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass die Vermächtnisnehmer gerade nicht zu
Erben des Erblassers berufen sein sollen, sondern dass ihnen nur ein bestimmter Vermögensvorteil, nämlich der Vermächtnisgegenstand zugewendet werden soll, welchen sie gegenüber den Erben
einfordern können.
In dem oben genannten Beispiel eines Testaments, wie es regelmäßig vorkommt, hat der Erblasser die Bestimmung eines Erben durch eine vorzunehmende Erbeinsetzung schlichtweg
übersehen und hat stattdessen mit der Verwendung der Worte „vermache ich“ nur ein Vermächtnis errichtet. Mangels einer vom Erblasser im Rahmen seiner Testierfreiheit getroffenen Erbeinsetzung
würde danach gesetzliche Erbfolge eintreten, wonach die gesetzlichen Regelungen bestimmen, wer zum Erben des Verstorbenen berufen sein soll.
Allerdings wird das vorstehend zitierte Testament der Auslegung nach dem wirklichen Willen des Erblassers (Erblasserwillen) zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bedürfen. Nach
§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nämlich der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks festzuhalten. Da der
Verstorbene hier seinen gesamten Nachlass nach seinem Tod allein der von ihm namentlich bezeichneten Person zuwenden wollte, kann der Wille des Erblassers dahingehend ausgelegt werden, dass er
diese Person zu seinem Alleinerben berufen wollte, ungeachtet der fehlerhaften und auf ein bloßes Vermächtnis hindeutenden Wortwahl im Testament.
Im erbrechtlichen Bereich werden u.a. folgende verschiedene Arten von Vermächtnissen unterschieden:
Als Vorausvermächtnis gem. § 2150 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird ein Vermächtnis bezeichnet, welches der Erblasser einer solchen Person zusätzlich zuwendet, welche bereits zum Erben oder Miterben berufen wurde, ohne dass damit die auf diesen entfallende Erbquote tangiert wird. Damit wird der mit einem zusätzlichen Vermächtnis Bedachte gegenüber anderen Miterben wertmäßig begünstigt.
Ein Vermächtnis stellt sich dann als Wahlvermächtnis gem. § 2154 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, wenn der Vermächtnisnehmer wahlweise nur entweder den einen oder den anderen von mehreren Nachlassgegenständen erhalten soll. Die Auswahl kann hierbei vom Erblasser auf einen Dritten übertragen werden.
Von einem Gattungsvermächtnis gem. § 2155 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird dann gesprochen, wenn durch ein Vermächtnis dem Vermächtnisnehmer nicht ein bestimmten Nachlassgegenstand zugewendet wird, sondern der zugewendete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt ist. In diesen Fällen steht dem Vermächtnisnehmer nur ein an seinen Verhältnissen orientierter Vermächtnisgegenstand zu.
Bei einem Vermächtnis handelt es sich dann um ein Zweckvermächtnis gem. § 2156 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn sich der Vermächtnisgegenstand nach einem vom Erblasser vorgegebenen Zweck bestimmt. Die Bestimmung des Vermächtnisgegenstandes kann hierbei entweder dem Erben oder auch einem Dritten überlassen werden.
Bei einem Verschaffungsvermächtnis gem. §§ 2170, 2169 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird dem Vermächtnisnehmer vom Erblasser durch ein Vermächtnis ein Gegenstand zugewendet, der sich nicht (mehr) im Nachlassvermögen des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls befindet. Der mit dem Vermächtnis beschwerte Erbe muss sich diesen Gegenstand dann erst selbst auf seine Kosten verschaffen, um das Vermächtnis erfüllen zu können.
Bei einem Vermächtnis besteht dann ein Untervermächtnis gem. § 2186 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn der Vermächtnisnehmer vom Erblasser mit einem Untervermächtnis zu Gunsten eines Dritten beschwert wurde, welches er bei Annahme des Vermächtnisses dann erfüllen muss. Der häufigste Fall hierfür ist die Zuwendung einer Immobilie an einen Vermächtnisnehmer durch ein Vermächtnis, der jedoch damit beschwert wurde, einem Dritten ein Wohnungsrecht oder Nießbrauchsrecht an der vermächtnisweise überlassenen Immobilie einzuräumen.
Ein Ersatzvermächtnis gem. § 2190 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu einem angeordneten Vermächtnis liegt dann vor, wenn der Erblasser einen Dritten ersatzweise als Vermächtnisnehmer für den Fall bestimmt, dass der zunächst vorrangig mit einem Vermächtnis Bedachte wegfällt. Sollte der erstrangig bedachte Vermächtnisnehmer das Vermächtnis ausschlagen oder den Erbfall selbst gar nicht mehr erleben, soll dann der Ersatzvermächtnisnehmer den zugewendeten Vermächtnisgegenstand an dessen Stelle erhalten.
Bei einem als Vorvermächtnis und Nachvermächtnis gem. § 2191 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgestalteten Vermächtnis handelt es sich um eine besondere Form eines Untervermächtnisses, bei welchem der Vermächtnisnehmer entweder aufschiebend bedingt oder befristet zugunsten eines Dritten mit einem Untervermächtnis beschwert wird. Ein derartiges Vermächtnis wird typischerweise beim Behindertentestament oder bei Vermächtnissen zugunsten etwaig überschuldeter Abkömmlinge angeordnet.
Durch eine Teilungsanordnung gem. § 2048 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) weist der Erblasser einzelnen Erben bestimmte Nachlassgegenstände zu, welche sich diese jedoch auf ihren Erbteil anrechnen lassen müssen. Beim als Vorausvermächtnisse ausgestalteten Vermächtnissen gem. § 2150 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erhalten einzelne Erben hingegen bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass zusätzlich zu ihrem Erbteil zugewiesen, ohne dass diese auf deren jeweilige Erbteil angerechnet werden.
Ein Vermächtnisnehmer muss ein ihm vom Erblasser zugewendetes Vermächtnis nicht annehmen, sondern kann dieses ausschlagen; die Annahme oder Ausschlagung eines Vermächtnisses erfolgt gem. § 2180 Abs.2 S.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch Erklärung gegenüber dem jeweiligen Beschwerten.
Sofern einem Pflichtteilsberechtigten ein Vermächtnis zugewendet wurde, stehen ihm gem. § 2307 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mehrere Wahlrechte zu. Der Pflichtteilsberechtigte kann entweder das Vermächtnis ausschlagen und den vollen Pflichtteil verlangen oder er kann das Vermächtnis annehmen und sich lediglich damit begnügen oder er nimmt das Vermächtnis an und verlangt den etwaig daneben noch bestehenden Zusatz- bzw. Rest-Pflichtteil, falls das Vermächtnis hinter dem Pflichtteil zurückbleibt, bei dessen Berechnung allerdings Beschränkungen und Beschwerungen außer Betracht bleiben.
Nach der Regelung in § 2318 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Erbe die Erfüllung von ihm auferlegten Vermächtnissen insoweit verweigern und die Vermächtnisse anteilig kürzen, als dass die Pflichtteilslast von ihm und zugleich auch von den Vermächtnisnehmern verhältnismäßig getragen wird.
Ist der Vermächtnisnehmer selbst pflichtteilsberechtigt, ist eine Kürzung von seinem Vermächtnis allerdings nur insoweit in zulässiger Weise möglich, als dass ihm mindestens noch
der Pflichtteil verbleibt. Entsprechendes gilt auch für den pflichtteilsberechtigten Erben selbst
Insoweit gilt es jedoch zu beachten, dass das Kürzungsrecht des Erben vom Erblasser in der von ihm errichteten letztwilligen Verfügung gem. § 2324 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen worden sein kann.
Ein Anspruch aus einem Vermächtnis unterliegt der Verjährung. Die Verjährungsfrist für Vermächtnisansprüche beträgt gem. § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) drei Jahre.
Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Vermächtnisnehmer von dem Erbfall und dem vom Erblasser zu seinen Gunsten errichteten Vermächtnis Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Längstens verjähren Vermächtnisansprüche jedoch gem. § 199 Abs.3a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
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