Inhalt zu den Infos
3. Vertragsschluss ohne Arbeitspapiere
5. Herausgabeanspruch bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Begrifflich werden unter Arbeitspapieren alle Unterlagen subsumiert, die mit dem Arbeitsverhältnis in irgendeinem Zusammenhang stehen. Insbesondere die Begründung und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind neben der Durchführung des Arbeitsverhältnisses in den Arbeitspapieren zu dokumentieren. Somit dienen Arbeitspapiere dem Nachweis für die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden steuerlichen und sozialrechtlichen Tatsachen und die tatsächlich vereinbarten Arbeitsbedingungen.
Zu den von Arbeitnehmern an ihre Arbeitgeber zu Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigenden Arbeitspapieren gehören typischerweise:
Diese Arbeitspapiere verbleiben zwar auch nach Aushändigung an den Arbeitgeber im Eigentum des Arbeitnehmers. Gleichwohl empfiehlt es sich für Arbeitnehmer, von Arbeitgebern eine Quittung zum Nachweis für die ausgehändigten Arbeitspapiere verlangen um im Streitfall einen Nachweis führen zu können.
Die wirksame Begründung eines Arbeitsverhältnisses setzt nicht zwingend die schriftliche Schließung eines Arbeitsvertrags voraus; auch ohne Arbeitspapiere geschlossene Arbeitsverträge sind grundsätzlich rechtsgültig.
Auch führt die fehlende Vorlage von notwendigen Nachweisen, beispielsweise von erforderlichen Gesundheitszeugnissen oder Arbeitserlaubnissen, nicht zu einer Nichtigkeit des Arbeitsvertrages wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern führt nur zu einem Beschäftigungsverbot.
Den Arbeitgeber trifft die Verpflichtung, die Arbeitspapiere in ordnungsgemäßer Weise zu verwahren. Können Arbeitspapiere von Arbeitgebern aufgrund eines Verlustes nicht mehr herausgeben, trifft sie die Pflicht, an der Beschaffung von Ersatzpapieren mitzuwirken und die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen. Für ein etwaiges Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen, wie z.B. von Steuerberatern oder Personalsachbearbeitern, hat der Arbeitgeber einzustehen, § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber die Arbeitspapiere vollständig und wahrheitsgemäß zu erstellen und an den Arbeitnehmer herauszugeben; die Herausgabepflicht folgt aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten von Arbeitgebern.
Zu den herauszugebenden Arbeitspapieren gehören mit Ausnahme der vom Arbeitnehmer vor Begründung des Arbeitsverhältnisses vorgelegten Bewerbung einschließlich des Lebenslaufs - welche beim Arbeitgeber verbleiben - insbesondere folgende Unterlagen:
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Herausgabe der Arbeitspapiere wird grundsätzlich mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, also nicht bereits mit Ausspruch einer Kündigung. Kann das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend ermittelt werden, z.B. wegen noch nicht abrechenbarer Provisionen, müssen zumindest die hiervon nicht betroffenen Unterlagen fertig gestellt und an den Arbeitnehmer mit einer Zwischenbescheinigung, die die wesentlichen Daten enthält, herausgegeben werden; die noch ausstehenden Arbeitspapiere sind danach alsbald nachzureichen.
Endet das Arbeitsverhältnis in unerwarteter Weise durch außerordentliche, fristlose Kündigung einer Seite, ist dem Arbeitgeber eine unverzügliche Herausgabe der Arbeitspapiere i.d.R. nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Er ist dann jedoch verpflichtet, die Arbeitspapiere innerhalb einer angemessenen Frist herauszugeben; als angemessen wird regelmäßig der nächstfolgende betriebsübliche Abrechnungstermin angenommen.
Leistungsort für Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis i.S.v. § 269 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist in der Regel der Ort der Arbeitsstätte. Dies gilt auch für Arbeitspapiere. Arbeitspapiere sind demnach vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber am Ort der Arbeitsstätte, also im Betrieb, abzuholen. Bei dieser sog. „Holschuld“ bleibt es auch, wenn die Arbeitspapiere zum Ende des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht entgegen genommen werden können. Ausnahmsweise wird aus der Holschuld dann eine Schickschuld des Arbeitgebers, wonach die Arbeitspapiere dem Arbeitnehmer übersandt werden müssen, wenn der Arbeitgeber sie nicht rechtzeitig zur Abholung bereitgestellt hat oder gar ihre Herausgabe verweigerte. Gleiches soll dann gelten, wenn dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann, die Arbeitspapiere beim Arbeitgeber selbst abzuholen, insbesondere wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber außerordentlich fristlos gekündigt und ein Hausverbot ausgesprochen wurde.
Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an Arbeitspapieren durch den Arbeitgeber ist i.d.R. ausgeschlossen. Dies gilt schon allein deswegen, da der Arbeitnehmer die Arbeitspapiere regelmäßig zur Begründung eines Folgearbeitsverhältnisses und zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit dringend benötigt und ohne diese einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde.
Den Arbeitgeber trifft zum Ende eines Arbeitsverhältnisses sowohl die Verpflichtung zum „Ausfüllen“ bzw. zur Erstellung der Arbeitspapiere, wie auch zu deren Herausgabe an den Arbeitnehmer. Diese Verpflichtung wird i.d.R. von tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen nicht erfasst, da solche auf einen auf Eigentum des Arbeitnehmers gestützten Herausgabeanspruch gem. § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelmäßig nicht anwendbar sind. Es sind jedoch die Verjährungsfristen zu beachten. Gem. § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beträgt die Regelverjährungsfrist drei Jahre; für auf Eigentum gestützte Herausgabeansprüche gilt demgegenüber gem. § 197 Abs.1 Nr.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren.
Sofern der Arbeitgeber die geschuldete Herausgabe der Arbeitspapiere pflichtwidrig unterlässt bzw. vereitelt oder erst verspätet erfüllt und der Arbeitnehmer dadurch einen kausalen Schaden erleidet, ist ihm der Arbeitgeber nach allgemeinen Regeln zum Ersatz des Verzugsschadens gem. §§ 286, 287, 249 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet. Für die Begründung eines Verzugs des Arbeitgebers reicht es ohne erforderliche Mahnung bereits aus, dass dieser die Arbeitspapiere am letzten Arbeitstag nicht abholbereit vorhält und dem Arbeitnehmer nicht aushändigt. Im Übrigen ist ein gesondertes Herausgabeverlangen des Arbeitnehmers zur Herbeiführung von Verzugsfolgen dann jedenfalls nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber die Herausgabe der Arbeitspapiere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses endgültig und ernsthaft verweigert hat.
Dem Arbeitnehmer ist vom Arbeitgeber aus Verzugsgründen insbesondere derjenige Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, weil er wegen fehlender Arbeitspapiere daran gehindert ist, ein Folgearbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber aufzunehmen. Auf den drohenden Eintritt eines solchen Erwerbsschadens muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gem. § 254 Abs.2 S.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Vermeidung eines ansonsten begründeten Mitverschuldens nur dann rechtzeitig hinweisen, wenn der dem Arbeitnehmer voraussichtlich entgehende Verdienst beim neuen Arbeitgeber seine Vergütung beim bisherigen Arbeitgeber deutlich überschreitet.
Für sämtliche den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründenden Tatsachen ist dieser im Streitfall, also einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, darlegungs- und beweispflichtig. Somit hat der Arbeitnehmer sowohl die unterlassene oder verspätete Herausgabe der Arbeitspapiere durch den Arbeitgeber, wie auch den Eintritt und die Ursächlichkeit eines Schadens sowie dessen Höhe in geeigneter Weise nachzuweisen. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen treten hierbei keine Beweiserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers ein; es gilt insbesondere auch kein Anscheinsbeweis in Bezug auf die Kausalität, da es weder eine Vermutung noch einen Erfahrungssatz dafür gibt, dass fehlende Arbeitspapiere regelmäßig den Eintritt eines materiellen Schadens des Arbeitnehmers auslösen.
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Zusammenhang mit Arbeitspapieren sind gem. § 2 Abs.1 Nr.3e Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. Dies gilt sowohl für Klagen auf Herausgabe von Arbeitspapieren als am häufigsten anzutreffenden Anspruch, wie auch für Klagebegehren, welche auf die Erstellung bzw. das „Ausfüllen“ oder die Berichtigung von Arbeitspapieren gerichtet sind. Vor den Arbeitsgerichten sollten sich sowohl Arbeitnehmer, wie auch Arbeitgeber, durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht vertreten lassen, obwohl im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instant kein Anwaltszwang besteht.
Bzgl. öffentlich-rechtlicher Arbeitspapiere muss zwischen den öffentlich-rechtlichen Pflichten des Arbeitgebers gegenüber den Finanzbehörden oder der Arbeitsverwaltung und den Sozialversicherungsträgern auf der einen Seite und den rein zivilrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern auf der anderen Seite unterschieden werden. Ungeachtet von öffentlich-rechtlichen Pflichten ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber aufgrund von arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, insbesondere im Rahmen seiner bestehende Fürsorgepflicht, dazu verpflichtet, Arbeitspapiere auszustellen und herauszugeben. Hierauf gerichtet Klagen sind stets vor dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben; das gilt auch in Bezug auf Personen, welchen lediglich eine arbeitnehmerähnliche Stellung zukommt.
Soweit es dagegen um rein öffentlich-rechtliche Pflichtenverstöße des Arbeitgebers geht, z.B. für eine auf die Berichtigung von unrichtigen Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung gerichtete Klage, sind dagegen die Arbeitsgericht nicht zuständig. Gleiches gilt auch für die Berichtigung von Arbeitsbescheinigungen und Sozialversicherungsnachweisen.
Mit einer auf die Herausgabe oder die Erstellung bzw. das „Ausfüllen“ von Arbeitspapieren gerichteten Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht kann gem. § 61 Abs.2 S.1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) gleichzeitig auch beantragt werden, den Arbeitgeber für den Fall, dass er der Herausgabe bzw. der Erstellung bei einer rechtskräftigen Verurteilung nicht rechtzeitig nachkommt, zu einer angemessenen Entschädigung bzw. zum Schadenersatz zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung von derartig titulierten Ansprüchen richtet sich in Bezug auf die Erstellung bzw. das „Ausfüllen“ von Arbeitspapieren nach § 888 Zivilprozessordnung (ZPO) und die Beitreibung eines zu verhängenden Zwangsgeldes; ein Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren ist dagegen nach § 883 Zivilprozessordnung (ZPO) im Zuge der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher zu vollstrecken. Sind in einem Urteil eines Arbeitsgerichts sowohl die Herausgabe als auch auf die Erstellung bzw. das „Ausfüllen“ von Arbeitspapieren tituliert, muss aus dem Vollstreckungstitel zunächst die Herausgabevollstreckung betrieben werden.
Beiträge aus dem Blog:
Bewertungen von Rechtsanwalt Rainer Denzinger unter anwalt.de
Rezensionen von Anwaltskanzlei Denzinger & Coll. unter Google
Folgen und besuchen auf:
Seite empfehlen und teilen mit:
Inhalt von Seiten durchsuchen:
Gesamte Website durchsuchen: